Frauenordination in der SELK – ein Überblick

Diese Chronologie wurde von Friedrich Kugler und Michael Sommer von der Initiative Frauenordination zusammengestellt. Es handelt sich um einen Auszug aus der unter folgender URL zusammengestellten umfangreichen Dokumentation: https://frauenordination.wordpress.com/info/.

Phase 1 (1972-1975): Dissensus

1972 Die Gemeinde Bochum stellt einen Antrag an die 1. Kirchensynode, Art. 7 (2) der Grundordnung zu streichen und die Frauenordination so zuzulassen. (s. hier)

1973 Die Empfehlung der Kirchenleitung zu diesem Antrag auf der 1. Kirchensynode lautet: „Über den 1. Teil des Antrages, der auf ‚Zulassung der Frauen zum Pfarramt‘ abzielt, sollte die Kirchensynode zur Tagesordnung übergehen, da dieser Antrag gegen die Lehre der heiligen Schrift verstößt.“ (Vorlage – I – 0301)

1975 Auf der 2. Kirchensynode wird am 15. Juni zunächst der folgende Antrag bei vier Gegenstimmen und 3 Enthaltungen angenommen: „Die Aussagen des Neuen Testamentes geben der Kirche auch heute keine Freiheit, Frauen den Weg zum gemeindeleitenden Pfarramt, zum Hirtenamt zu eröffnen.“  (Antrag 400 – 00 E 1). Pastor Dr. Stolle gibt eine persönliche Erklärung zur Abstimmung über die Frage der Frauenordination ab: „Ich habe gegen den Antrag gestimmt, weil ich mein Gewissen in Gottes Wort gebunden fühle, in dem mir die Argumentation nicht schlüssig erscheint. Meiner Einsicht nach sagen die Bibelstellen nicht aus, was damit begründet werden soll“. // Zwei Tage später, am 17. Juni, wird von Bischof Dr. Rost eine „Entschließung der 2. Kirchensynode der SELK zum Dienst der Frau in der Gemeinde“ (s. hier) vorgelegt und einstimmig angenommen. Im Protokoll steht hierzu: „Mit der einstimmigen Annahme wird der entsprechende Beschluss vom Sonntagabend aufgehoben.“ (d.h. Antrag 400 – 00 E 1 vom 15. 06.). Weiterhin wird im Protokoll festgehalten: „Das Problem des theologischen Dissensus wird von beiden Seiten gegeben. Es wird einmütig der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß der Dissensus überwunden wird.“ (Protokollauszug s. hier)

Phase 2 (1990-1997): Die fehlende Begründung

1990 Auf einer Arbeitstagung von Kirchenleitung und Kollegium der Superintendenten mit der Fakultät der Lutherischen Theologischen Hochschule im Juni 1990 plädiert Prof. Günther dringend dafür, den Pfarrern und Kirchgliedern eine Begründung für Artikel 7 (2) der Grundordnung zu liefern, hier bestehe „Handlungsbedarf“.Die Kirchenleitung erbittet ebenfalls im Juni 1990 von der Fakultät der Lutherischen Theologischen Hochschule ein Gutachten zur Frage der Frauenordination.

1995 Erst am 28. Februar 1995 wird das Gutachten bei der Kirchenleitung und dem Kollegium der Superintendenten eingereicht. Das Gutachten erbringt keine Begründung für Artikel 7 (2). // Auf der 8. Kirchensynode 1995 in Erfurt wird die Ordnung für das Amt einer Pastoralreferentin beschlossen.

1996 Am 18 September 1996 wird von der Kirchenleitung, dem Kollegium der Superintendenten und der Fakultät der Lutherischen Theologischen Hochschule eine Arbeitsgruppe mit folgendem Arbeitsauftrag eingesetzt: „Gearbeitet werden solle an der theologischen Begründung für GO 7 (1+2), wie dies der Beschluss der Kirchensynode von Erfurt 1995 vorsehe.“

1997 Die Arbeitsgruppe legt dem Allgemeinen Pfarrkonvent 1997 keine theologische Begründung für Art 7 (2) vor. ( hier) // Die Kirchenleitung und das Kollegium der Superintendenten legen dem APK 1997 einen Beschlussvorschlag vor u.a. mit folgendem Inhalt: „Wir halten mit der Grundordnung fest: Artikel 7,1 und 2 der Grundordnung gelten in unserer SELK, weil sie Schrift und Bekenntnis nicht widersprechen. (vergleiche Artikel 25,6 der Grundordnung)“ // Der Sprengelpfarrkonvent West legt demselben APK hingegen eine Erklärung vor, die besagt: „Der Pfarrkonvent des Sprengels West der SELK ist mehrheitlich der Meinung, daß GO 7.2, wonach das von Christus gestiftete Amt „nur Männern übertragen werden“ kann, aufgehoben werden müßte.“ (s. hier)

Phase 3 (1999-2007): Das Pro-und-Contra-Papier

1999 Auf der 9. Kirchensynode wird u.a. der Antrag auf Erstellung eines Pro-und-Contra-Papiers zur Diskussion in Gemeinden, Konventen und Synoden beschlossen. (s. hier)

2000 Das Pro-und-Contra-Papier wird Ende 2000 von der Kirchenleitung veröffentlicht. (s. hier).

2003 Die 10. Kirchensynode erweitert angesichts des erkennbaren weiteren Beratungsbedarfs den Zeitrahmen: Der Beratungsprozess zur Frage der Frauenordination soll bis zum Allgemeinen Pfarrkonvent 2009 und bis zur Kirchensynode 2011 abgeschlossen sein. Die 10. Kirchensynode bittet den Allgemeinen Pfarrkonvent erneut, eine Beschlussvorlage zur Frage der Ordination von Frauen zu erarbeiten und diese der Kirchensynode 2011 vorzulegen. // Die 10. Kirchensynode bittet ferner alle Gemeinden und Kirchenbezirks-Synoden der SELK, die Frage der Frauenordination anhand der Heiligen Schrift und des Pro- und Contra-Papieres zu thematisieren und ggf. Voten abzugeben. // Entsprechende Diskussionen fanden seitdem auf Bezirkssynoden und in Gemeindeversammlungen statt und es wurden hierbei auch Voten abgegeben. Diese Voten wurden offiziell nirgendwo gesammelt.

Phase 4 (seit 2009): Ratlosigkeit

2009 Der Allgemeine Pfarrkonvent gesteht seine Ratlosigkeit darüber ein, wie in Bezug auf die Frauenordination Einmütigkeit erreicht werden könne. (s. hier) Er bittet die Kirchenleitung: „(…), dafür Sorge zu tragen, dass in den Kirchenbezirken die Frage der Frauenordination anhand der Dokumentation gemäß dem Beschluss der 10. Kirchensynode der SELK in Melsungen (2003) thematisiert wird, sodass gegebenenfalls Voten abgegeben werden können. // Der APK richtet weiterhin einen Ausschuss zur Frauenordination ein, der von 2009 bis 2013 arbeitet.

2011 Legt der APK-Ausschuss der 12. Kirchensynode einen Bericht über seine bisherige Tätigkeit vor. (s. hier). Die 12. Kirchensynode beauftragt die Kirchenleitung einen „Synodalausschuss Frauenordination (FO)“ einzusetzen.

2013 Der Allgemeine Pfarrkonvent stellt fest, dass weiterhin eine befürwortende und eine ablehnende Lehrmeinung zum Thema Frauenordination in der SELK existieren. „Für die Behandlung dieser umstrittenen Frage ist es wünschenswert, Verfahren zu entwickeln, die über die Möglichkeiten der Verhandlungsstrategien in den zurückliegenden Jahren hinausführen.“ (s. hier)

2015 Auf der 13. Kirchensynode 2015 legt der „Synodalausschuss Frauenordination (FO)“ seinen Bericht vor und stellt fest: „Aus der Kommission gibt es keinen einvernehmlichen Lösungsvorschlag zur Thematik.“ (s. hier). Um einen möglichen neuen Weg in Bezug auf die Frauenordination auszuloten, beauftragt die Kirchensynode den Allgemeinen Pfarrkonvent, zu prüfen, ob die Ordination von Frauen in einzelnen Gemeinden, die dem ausdrücklich zugestimmt haben, dem Bekenntnisstand der SELK widerspräche. (Antrag 440.02, s. hier).

2017 Der Allgemeine Pfarrkonvent setzt einen weiteren Ausschuss zur Frage der Frauenordination ein. Er wird bis zum APK 2022 tagen. Außerdem nimmt der APK zum Prüfauftrag (Beschluss 440.02) folgendermaßen Stellung: „Die Eröffnung der Möglichkeit zur Einführung der Ordination von Frauen zum Amt der Kirche in der SELK – und sei es nur ausnahmsweise in einzelnen Gemeinden – stünde im Widerspruch zur gebotenen Einmütigkeit in Lehre und Handeln der Kirche, im Gegensatz zu den Lehrentscheidungen, die in der SELK Geltung haben, und in deutlichem Kontrast zu den entsprechenden Beschlussfassungen über den Umgang mit unterschiedlichen Lehrmeinungen.“ (s. hier).

2019 Auf der 14. Kirchensynode legt der APK-Ausschuss einen Zwischenbericht vor. Er plant u.a. die Erstellung eines „Atlas Frauenordination“ (Arbeitstitel) und regionale Hearings bis 2021. (s. hier) // Zur Stellungnahme des APK in 2017 auf den Prüfauftrag von 2015 (Beschluss 440.02) wurde der Antrag 541 gestellt (s. hier), in dem der APK aufgefordert wird, eine klare Entscheidung zum Prüfauftrag von 2015 zu fällen. Beschlossen wurde jedoch nur Antrag 541.01 (s. hier), mit dem Antrag 541 zunächst dem APK zur Beratung vorgelegt wird.

2022 Der Allgemeine Pfarrkonvent veröffentlicht den „Atlas Frauenordination“.

2023 Auf der konstituierenden Sitzung der 15. Kirchensynode wird eine Synodalkommission „Szenarien“ eingesetzt, die den Auftrag hat, die möglichen Szenarien nach dem „Atlas Frauenordination“ (Kapitel 7) zu beraten und zu den Szenarien „Modelle lebbarer Kirchenstrukturen zu entwickeln (inklusive kirchenrechtlicher Entscheidungswege und möglicher Folgen) und zu priorisieren“. Weiterhin soll die Synodalkommission „Erfahrungen und Voten“ der einzelnen Gemeinden zu sammeln. Diese werden von der Synode gebeten, den Atlas „breit zu beraten“.

2024 Auf einer online als Videokonferenz durchgeführten zweiten Sitzung der 15. Kirchensynode am 21.-22.06.2024 stellte die im Vorjahr eingesetzte Synodalkommission „Szenarien“ einen Zwischenberichtihrer Arbeit vor. Von ca. 160 Gemeinden der SELK gaben knapp 100 der Kommission Rückmeldung zur Frage der Frauenordination. Davon waren 74 Beschlüsse von Gemeindeversammlungen und 22 Voten von Kirchenvorständen. Die Art der Rückmeldung war nicht vorgegeben gewesen. Von den 22 Kirchenvorständen votierte keiner für die Frauenordination. Von den 74 Gemeindeversammlungen sprach sich keine gegen die Frauenordination aus. Insgesamt sprachen sich 61 von 96 Gemeinden ausdrücklich für die Einführung der Frauenordination in der SELK aus.

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